Einsiedler -  Kartäuser und Camaldoli

 

Zu Beginn des 4. Jahrhunderts sammelten der Wüstenvater Antonius der Große (+ 356 mit 105 Jahren) und wenig später Pachomius die zahlreichen Einsiedler, die als Anachoreten in den ägyptischen Wüsten lebten, in Gemeinschaften. Teils waren sie vor Verfolgungen geflohen, teils waren sie aus geistlicher Moivierung aus den Städten ausgezogen ("Anachoreten", Aussteiger), um in der Wüste eine heilsame Einsamkeit und eine ungestörte Herzensfrömmigkeit zu finden. Langsam entwickelten sich koinobitische (zusammenwohnende) Gemeinschaften, Klöster also, die nach einer anerkannten Mönchsregel sowie unter einem gewählten Abt (Apa/Vater) lebten.

Erst 200 Jahre später hat der heilige Mönchsvater Benedikt von Nursia (+ 547 in Subiaco) den vor allem in den Bergen um Rom verstreuten Einsiedlern eine feste Regel sowie tragende Organisation gegeben, die bis heute ungeahnte Früchte getragen hat und weiterhin trägt. Die Benediktiner selbst sowie zahlreiche Reformorden (z.B. die Zisterzienser mit dem hl. Bernhard, + 1153 in Clairvaux) öffneten sich im Lauf der Zeit für seelsorgliche, soziale und kulturelle Bedürfnisse der Welt und Zeit

 

Kartäuser - Grande Chartreuse

La Grande Chartreuse (französiche Alpen) - Vaterkloster der Kartäuser
Vorne links die Häuschen der einzelnen Mönche,
beeindruckend der "Apparat" des gesamten Klosters

 

Einsiedler -  Kartäuser und Camaldoli

Kurz nach der Jahrtausendwende entstanden zwei Einsiedlerorden, die das alte Ideal des eremitischen Lebens bis in die heutige Zeit herein grundlegten. Romuald von Camaldoli (Kamaldulenser) und Bruno von Köln (Kartäuser) vereinigten das alte anachoretische Einsiedlerleben mit dem klösterlichen Zusammenschluss durch weise Mönchsväter - dadurch ergab sich ein ausgeglichenes und tief geistliches Klosterleben. Jeder Mönch lebt, betet und arbeitet größtenteils in einem eigenen Häuschen, findet sich aber zur Feier der Liturgie sowie der wichtigsten gemeinschaftlichen Erfordernisse in der Kirche bzw. in entsprechenden Klosterräumen ein. Das Essen wird ihm gebracht, das private Gebet und die geistliche Lesung vollzieht er privat. Die Tagesordnung ist streng, nachts etwa 2 bis 3 Stunden Gebet, doch auch ein wöchentlicher gemeinsamer Spaziergang als Ausgleich ist vorgesehen. Die Ordenrühmen sich ihrer ursprünglichen Treue, so dass sie niemals reformiert werden mussten.

 

Camaldoli Berg La Verna
Kloster Camaldoli - Mönch zwischen den Häuschen der Mönche

 

https://www.pallottiner.org/aktuell/christ-der-woche/425/Romuald-von-Camaldoli
Der heilige Vinzenz Pallotti hat sich oft in das Kamaldulenserkloster in Frascati bei Rom zurückgezogen -
siehe den kurzen, guten Artikel auf der oben angegebenen Website.
 

„Eingesperrt“ oder einfach nur radikal?


Einsiedler und streng weltabgewandte Klöster - es gab sie in allen Religionen, vor allem in den fernöstlichen und im Christentum. In der ägyptischen und syrischen Wüste, in den Wäldern Russlands, in den Tälern und auf den Bergen Europas. Meist an schönen Plätzen, immer wo es Wasser, Bäume, Höhlen gab.

Faul waren diese Art von Mönchen und Nonnen nie. Streng ist heute noch ihre Nacht- und Tagesordnung, viele Stunden Gebet, Handarbeit und geistige Beschäftigung. Asketisch einfach und hart das Leben, der Anspruch weltabgewandt und radikal. Wem nützen sie? Was sind sie wert?

Ohne Glauben an Transzendenz und Gott, ohne radikal religiöse Dimension ist das beschauliche Leben der Mönche, Nonnen und Einsiedler nicht zu verstehen. Gebet und Meditation in der Welt, für die Welt, stellvertretend und ergänzend, prophetisches Zeichen für eine andere Welt, geistig und geistlich, und dies total erlebt und gelebt – ohne spezielle Berufung kaum zu verstehen und schon gar nicht zu bestehen.

Meditation, Kontemplation, Mystik, Rückzug zu den Quellen, dies ist heute notwendig und modern. Ein Logo dafür kann nicht der Einsiedlerkrebs sein, der sich sogar in fremde Schalen zurückzieht, ohne sein Leben zu ändern. Nur ein bisschen Yoga Sitz oder eine Schnupperwoche im Kloster bringen nichts. Jesus hat es auf den Punkt gebracht: „Verkaufe vorher, verlasse alles, was du hast und woran du dich klammerst, dann bist du frei, dann komm und folge mir!“ Nicht nur für einige Jahre oder nur für ein paar Stunden die Woche, sondern ganz und gar, absolut und radikal. Wer es fassen kann, der fasse es!


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Die größte Erfahrung diesbezüglich hat wohl der ursprüngliche Einsiedlerorden der Karmeliter, vor allem der weibliche Zweig mit so großen Heiligen wie Teresa von Avila, Theresia von Lisieux und Edith Stein (Teresia Benedicta vom Kreuz). Ein Hinweis aus dem Karmelitinnen Kloster Dachau kann uns gerade für die Weltklugheit dieser Nonnen die Augen öffnen:

„Wenn junge Menschen zu uns kommen, ist eine der Bedingungen für die Aufnahme eine abgeschlossene Berufsausbildung. Das hat verschiedene Gründe. Die Interessentin darf das Kloster nicht als einen Zufluchtsort vor den Anforderungen der Welt missverstehen. Sie soll eine gewisse Reife mitbringen und ihre Entscheidung während der Probezeit von mindestens fünf Jahren in voller Freiheit treffen, ohne den Druck, nicht mehr weggehen zu können aufgrund einer fehlenden Ausbildung und damit ohne Aussicht auf Arbeitsmöglichkeiten.

Wenn sie sich für das Kloster entscheidet, ist es in den meisten Fällen so, dass sie den erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann. Die eigentliche Berufung liegt nun auf dem Spirituellen, im Gebet. Alles andere relativiert sich daneben. Die unbedingte Priorität des Gebetslebens wird an dieser Stelle besonders spürbar. Hier liegt eine Provokation unseres Lebens, die oftmals unverständlich bleibt. Sollte eine qualifizierte Ärztin oder Lehrerin nicht besser im konkreten Dienst am Menschen stehen? Vernunftgründe reichen hier nicht hin. Das einzige, was zu überzeugen vermag, ist die Erfahrung von Identität und Sinnhaftigkeit dieses Weges, die sich nicht mehr rational erklären lassen.“

Sr. Veronika Elisabeth Schmitt, Karmel – Weg in Innenräume, Echter 1994.

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